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Die Bedeutung der Digitalisierung für das Messewesen

Die Covid-19 Pandemie hat die Messebranche hart getroffen. Seit März 2020 wurden fast alle Messen verschoben oder abgesagt. In Eile wurden digitale Events entwickelt, die auf Dauer aber keine Messe ersetzen können. Wie werden sich Messen nach der langen Wachstumsperiode, einem abrupten Stopp mit leeren Messehallen und einer Zukunft, die vom Megatrend Digitalisierung geprägt ist, orientieren?

 

Auch wenn mit einer Normalisierung der Corona-Situation der Großteil der Aussteller und Besucher wieder zurück in die Hallen kehren wird, so wird doch immer deutlicher, dass die digitale Welt auch Alternativen für ausstellende Unternehmen und Messebesucher bietet. Es ist also an der Zeit, den digitalen Wandel einmal genauer zu betrachten, um sich ein Bild über die eigenen Handlungsoptionen, sowohl im Hier und Jetzt als auch für die Nach-Corona-Zeit zu machen.

 

Die Digitalisierung ist ein Megatrend, der bereits ganze Branchen umgewälzt hat. Große Marken wie Google, Facebook oder Amazon haben hier die Gesetzmäßigkeiten der Märkte verändert und springen von einem Aktienhoch zum nächsten. Auch digitale Player wie booking.com, Airbnb oder Spotify haben ganze Branchen verändert. Und der Strudel der Digitalisierung, der eine Branche nach der anderen erreicht, dreht sich munter weiter: So kaufen sich Investoren aktuell bei Herstellern von Trainingsgeräten ein, denn die Daten der Fitnessgeräte bieten wertvolle Informationen für das eigene Geschäftsmodell.

 

Wie gelang es der Digitalisierung, solch gravierende Veränderungen im Markt herbeizuführen?

  • Immer mehr Informationen für private und berufliche Angelegenheiten stehen uns in digitaler Form im Internet zur Verfügung. Dadurch steigt sowohl die Anzahl an interessanten Onlineangeboten als auch deren Nutzer stetig.
  • Unternehmen haben aus klassischen Leistungen neue digitale Angebotsformate wie das Streamen eines Filmes oder Musiktitels, die Onlinebuchung eines Hotelzimmers, das Einkaufen im Onlineshop oder das Online-Banking entwickelt.
  • Für den Nutzer entstehen durch digitale Angebote Vorteile wie die kontinuierliche Erreichbarkeit, größere Flexibilität, Kosten- und Zeitersparnis oder bessere Marktübersicht.
  • Das Internet, Suchmaschinen, soziale Medien und digitale Tools ermöglichen einen direkten und oft kostengünstigeren Zugang zum Kunden. So werden potenzielle Kunden von Unternehmen heute auf ihrer Entscheidungsreise (Customer Journey) das ganze Jahr über im Netz begleitet.
  • Die Digitalisierung ist geprägt von neuen Denkweisen und Haltungen. Dazu gehört u.a. eine konsequente Fokussierung auf Kundenbedürfnisse, ganzjähriger Kontakt mit diesen und die Einbeziehung von gesellschaftlich relevanten Themen in die Unternehmenspolitik.

Messen haben gegenüber jedem digitalen Angebot einen klaren USP, die persönliche Begegnung. Das persönliche Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage wird nach der Corona Krise wieder aufleben, denn Aussteller wie Besucher brauchen das Format des persönlichen Austauschs. Aber auch in der Post-Covid-19-Zeit wird die Digitalisierung einen starken Einfluss auf das Messewesen haben.

 

Daher sollte man sich folgende Fragen stellen:

  • Ist eine rein digitale Messe als Geschäftsmodell umsetzbar?
  • Welche aktuellen und zukünftigen Leistungen einer Messe lassen sich auch online wertschöpfend darstellen?
  • Mit welchen dieser Leistungen kann ich die Aussteller- und Besucherzufriedenheit steigern, um so die Bindung zur Messe zu erhöhen?
  • Welche der typischen Merkmale einer Messe wie der persönliche Austausch, die Neukundengewinnung, die Zufallsbegegnungen, dass Netzwerken oder die Präsentation von Innovationen und Neuheiten, könnten auch im Web stattfinden?
  • Welchen Mehrwert bietet eine ganzjährige Onlinepräsenz der Messe und welcher Ressourcenaufwand ist dafür nötig?
  • Über welche Daten oder potenziellen Datenzugriffe verfügen Messen, um Vorteile für das eigene Leistungsangebot zu generieren?
  • Welche strategischen Allianzen verbessern die Position der Messe in der Onlinewelt?
  • Welche Veränderungen in der Prozess- und der Datenlandschaft führen zu einem erfolgreichen digitalen Messeangebot?
  • Was muss die Marke einer Messe leisten, damit das digitale Angebot konsistent über alle Medien und Touchpoints hinweg kommuniziert werden kann?
  • Wie kann man das digitale Marketing nutzen, um die Bedürfnisse der Aussteller und Besucher besser zu verstehen und um ggf. neue Messeformate zu entwickeln?

Die Liste solcher Fragen ließe sich leicht erweitern, um sich mit der Digitalisierung intensiver auseinanderzusetzen. Dabei wird man auch feststellen, dass digital versierte Unternehmen verstanden haben, messeähnliche Veranstaltungen erfolgreich im Markt zu implementieren. Beispiele hierfür sind die re:publika oder auch das OMR Festival. Für den Erfolg dieser Formate standen vor allem zwei Faktoren: der kontinuierliche Austausch mit der Zielgruppe und das tiefe Verständnis für deren Bedürfnisse.

 

Es gibt aber weitere digitale Entwicklungen, die das Messewesen direkt oder indirekt betreffen werden:

  • Die weiter voranschreitende Digitalisierung verändert auch die Erwartungshaltung an das digitale Angebot der Messen.
  • Digital gut aufgestellten Unternehmen fällt es leichter, sich erfolgreich in neuen Märkten zu engagieren/integrieren.
  • Unter dem Aspekt einer effizienten Zielerreichung werden Messeauftritte der Unternehmen immer häufiger einem On- und Offline-Vergleich unterzogen.
  • Viele Unternehmen haben die Zeit im Lockdown genutzt, um sich neu aufzustellen. Auf der Tagesordnung standen Themen wie Nachhaltigkeit, digitales Marketing, Künstliche Intelligenz (KI) oder das Internet of Thinks (IoT).

Die Frage der digitalen Konzeption einer Messe muss jeder Veranstalter individuell für sich beantworten. Wichtige Einflussfaktoren sind die Branchenzugehörigkeit, der Bedarf der Stakeholder, die Bedürfnisse der Aussteller- und der Besucherzielgruppen, die Organisationsstruktur und die vorhandenen Ressourcen. Wichtig ist, dass sich jetzt jede Messegesellschaft mit der digitalen Entwicklung und den daraus entstehenden Herausforderungen und Chancen auseinandersetzt.

 

Ich freue mich, wenn Sie interessante Anregungen mitnehmen konnten und auf jede Menge Kommentare und Meinungen. 

 

Ihr Olaf Tomscheit

 

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